Bruno Taut Glaspavillon
Rekonstruktion als leuchtendes Modell (2006)
Im Jahr 2005 plante das Kunstmuseum Stuttgart eine Ausstellung zum Thema Leuchtende Bauten: Architektur der Nacht. Diese Ausstellung wurde von Simone Schimpf (Kunstmuseum Stuttgart) und dem Spezialisten für Leuchtende Bauten und Verfasser des Buches Architektur der Nacht Professor Dietrich Neumann von der Brown University (Providence, USA) betreut.
Das Erscheinungsbild von Gebäuden verändert sich bei Dunkelheit: Die Beleuchtung der Räume und Schaufenster sowie Reklame, Schriftzeichen und Piktogramme verändern Form, Aussehen und Wirkung so sehr, dass ein zweites Bild des Gebäudes entsteht. Zeitgenössische Berichte, Zeichnungen, Pläne und Fotografien können nur ein ungefähres Bild eines von innen her leuchtenden Gebäudes vermitteln. Zusammen mit Frau Schimpf und Herrn Neumann habe ich die Idee entwickelt, Modelle von 8 typischen Gebäuden, die von innen her leuchten, zu entwickeln.
Dafür habe ich eine Arbeitsgruppe von insgesamt 8 Personen an meinem Institut – Institut für Darstellen und Gestalten (Universität Stuttgart) – gebildet. Jeder übernahm die digitale Rekonstruktion eines Gebäudes sowie den Modellbau mit integrierter Beleuchtung. Ich selbst habe dabei den Glaspavillon von Bruno Taut übernommen. Taut hat dieses Projekt für Werkbundausstellung 1914 in Köln gebaut. Insbesondere die elegante Geometrie der farbig leuchtenden Glaskuppel hat mich fasziniert und meine Entscheidung beeinflusst. Im Kontrast zu üblichen Kuppeln, die durch Rotation von Profilkurven entstehen, ist diese Kuppel ein Polyeder, der in der Fläche ausgebreitet werden kann. Nur so war es Taut möglich eine gläserne Kuppel im Jahr 1914 zu konstruieren.
Herr Neumann stellte mir die wenig erhaltenen Pläne zur Verfügung: Einen Plan mit Grundriss, Schnitt und Ansichten und einen Plan mit der Überlegung einer Konstruktion der Kuppel. Basierend auf den beiden Plänen sowie zeitgenössischen Fotografien konnte ich die Rekonstruktion im CAD umsetzen. Proportionsstudien ließen mich vermuten, dass Taut für die Gestaltung der Kuppel wahrscheinlich die Proportionsfigur des Villard de Honnecourt verwendet hat. Als Folge dessen kann die Kuppel aus 14 Ästen jeweils bestehend aus 8 in sich verjüngende Trapeze zusammengesetzt werden. An Hand eines einfachen Papiermodells konnte ich das veranschaulichen. Für die Ausstellung habe ich Schnittbögen in Form von Postkarten angeboten, damit jedem Besucher und jeder Besucherin es möglich war, dieses Papiermodell nachzubauen. Das Ausstellungsmodell habe ich schließlich mit Lasertechnik aus Acrylglas im Maßstab 1:25 gebaut. Nach mehreren Versuchen über Lichtwirkung und Lage der Leuchtkörper wurde die Innenbeleuchtung mit LED Lampen umgesetzt.
2006 wurde die Ausstellung eröffnet und unsere leuchtenden Modelle wurden zum Mittelpunkt der Ausstellung.